Ausgangspunkt für die Entwicklung des Projekts war ein Slogan, welcher in der FabLab-Welt verbreitet ist und das Miteinander in den Laboren und in der Community zusammenfasst: Learn-Make-Share bzw. die Abwandlung Dream-MakeShare, wie er z.B. vom FabLab-Luzern verwendet wird. Beim Beobachten von jungen Skatern im Bremer Sportgarten tauchte der Gedanke auf, dass sich in dieser Form von Jugendkultur die Wesenszüge des genannten Slogans ebenso wiederfinden: die spontane Idee, was mit dem Board als nächstes gemacht werden könnte, wird sofort ausprobiert und fliesst direkt in den Erfahrungsschatz des Akteurs ein. Eine der Schnittstellen -gerade im Zusammenhang mit der in den FabLabs verwendeten Rapid-Prototyping Technologie- könnte also in der Unmittelbarkeit begründet liegen, aus der heraus Ideen umgesetzt werden. Eine weitere wichtige Schnittstelle wurde in der Kultur des Wissensaustauschs vermutet: Skater inspirieren einander, verbessern und erweitern kontinuierlich ihr Können. Know-how wird dabei auf der Straße oder an der Halfpipe peer-to-peer ausgetauscht. Die offene Form des Wissensaustauschs erscheint dem der öffentlich zugänglichen FabLabs und denen von Open-Source-Communities nicht unähnlich. Grund genug dafür, ein Wochenende miteinander zu verbringen, um mögliche Seelenverwandtschaften, in einem freien und offenen Setting, ausloten zu können!
Als Austragungsort wurde die Passion-Sports-Convention auf dem Bremer Messegelände gewählt, wo mit Unterstützung des niederländischen FabLab-Trucks, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bremer Sportgarten e.V. ein temporäres FabLab arrangiert wurde. Aus dem Setting heraus, konnten nicht nur Bremer Trendsportler das Lab nutzen, sondern ebenso Heranwachsende und junge Erwachsene, die als Besucher der Sportmesse, sowie des C.O.S.-Cups (offizielle deutsche Skateboard Meisterschaft), der hier ebenfalls ausgetragen wurde, zu Gast waren. Als Ansprechpartner für die Besucherinnen und Besucher standen drei Labmanager parat, die für Fragen zur Nutzung der Hard- und Software jederzeit offen waren.
Als Warming-Up und niedrigschwelligen Einstieg in die FabLab-Welt wurde unseren Besuchern angeboten, ihr eigenes kleines Logo in einer Open-Source-Software zu entwickeln, um dies anschließend in die Fruchtschale eines Apfel lasern zu können. 100 kg Äpfel wurden an den beiden Messetagen mit individuellen Designs versehen und fanden als vitaminreiche Sportlernahrung dankbare Abnehmer.
Erhebliche Nachfrage entstand recht schnell für Sticker, welche ebenfalls selbst gestaltet, dann mit dem Vinylcutter ausgeschnitten und mit einer Heißpresse auf Seelenverwandtschaften in einem freien und offenen Setting ausloten Shirts positioniert wurden. Ähnlich verhielt es sich mit individuellen Logos, die als Abziehbild für das Skateboard oder das BMX-Rad hergestellt wurden.
Neben zahlreichen individuellen Projekten, entstand auch ein erstes größeres Projekt, welches aus Gruppenarbeit heraus in Angriff genommen wurde: Am Samstag Mittag weihten die Jugendlichen des Sportgarten e.V. die FabLab-Manager in ihre Pläne für einen Parcours ein, der sowohl für Skater, als auch für BMX-Fahrer interessant werden soll. Für die Formgebung würden dabei besondere Kriterien gelten, damit beide Sportarten später auf ihre Kosten kommen können.
Zu klären war die Frage, wie die digitalen Maschinen den Bau eines Prototypen unterstützen können, der nicht nur schön anzuschauen ist, sondern auch als „Fingerbowl“ taugt. Der Prototyp sollte also neben den üblichen Repräsentationszwecken, die bei der Suche nach Investoren wichtig sind, auch dazu dienen, Bewegungsabläufe simulieren zu können. Der zu bauende Prototyp musste also gleich mehrere Funktionen erfüllen, denn ganz nebenbei stellt das Skaten mit einem Miniaturboard in einer Fingerbowl eine ganz eigenständige Disziplin dar (!) Oberflächenbeschaffenheit und Stabilität des Modells würden also eine ausreichende Qualität aufweisen müssen, damit die Sportler das Design auf Miniaturboards möglichst naturgetreu „erfahren“ können.
Vorhanden war bereits ein Entwurf, welcher im Open-Source Programm „GoogleSketchup“ von den Sportlern erstellt wurde. Jaap vom FabLab-Truck schlug vor, die Daten in das japanische Programm „Pepakura“ zu importieren, um später aus Karton ein dreidimensionales Objekt herstellen zu können. Der Entwurf wurde hierfür zunächst in Segmente aufgeteilt, um später die einzelnen Elemente auf dem Lasercutter passgenau zuschneiden zu können.
Nach dem Do-It-Yourself-Prinzip nahmen die Jugendlichen ihr Projekt selbst in die Hand und konnten bei offenen Fragen im Umgang mit Hard- und Software jederzeit beim FabLab-Team nachhaken.
Spannend zu beobachten war das Wechselspiel zwischen zweiter und dritter Dimension sowie die Geschwindigkeit, mit der die Formgebungen entstanden. Alle Altersgruppen von Skatern und BMX-Fahrern fanden im Projekt ihren Part für eine Mitarbeit.
Auch, wenn das Projekt aufgrund der knappen Zeit nur in ersten Fragmenten realisiert werden konnte und zwischendurch auch ordentlich gechillt wurde, machten dieses sowie viele weitere Beispiele an diesem Wochenende, deutlich, dass unsere Besucher die Nutzungsmöglichkeiten der digitalen Fabrikationsmaschinen und den Synergien, die sich aus der speziellen Zusammenstellung des FabLabMaschinenparks ergeben, erkennen und der Technologie mit großer Neugier begegnen.
In dem offenen Setting der DIY-Lounge war deutlich zu beobachten, wie stark das mitgebrachte Wissen bzgl. Medienkompetenz, dem Umgang mit Hard- und Software sowie allgemeinem technischen Wissen zwischen den einzelnen Besuchern variierte. So gab es durchaus Teilnehmer, die eine erstaunliche Selbstverständlichkeit im Umgang mit der noch jungen Technologie zeigten, bis hin zu BesucherInnen, die sich zunächst recht schwer taten, sich aus der Zusammenarbeit heraus jedoch schnell eigene Erfolgserlebnisse erarbeiten konnten. Besonders erfreulich fiel in diesem Zusammenhang auf, dass die Vermittlung von Know-how nicht nur bei den FabLab-Managern angefragt wurde, sondern der Wissensaustausch auch unter den einzelnen Teilnehmern funktionierte, wobei es keine Seltenheit blieb, dass junge Erwachsene sich bei deutlich Jüngeren um Knowhow bemühten.
Aber auch wir selbst, als Vertreter der FabLab-Community, durften an diesem Wochenende sehr viel lernen. So liess sich mit Blick auf den benachbarten C.O.S – Cup bestaunen, wie wunderbar kreativ der Prozess des Skatens selbst ist: ein kontinuierlicher Vorgang des Ausprobierens, Verwerfens, neu Erfindens, aus dem Moment heraus Machens. Eine Kultur, dessen Akteure ihr Know-how mühsam, blaue Flecken in Kauf nehmend, erweitern, und aller Spontanität zum Trotz, Wettbewerbsbedingungen mit klaren Regeln herstellten. Faszinierend auch das Moment von Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit welches in dieser Jugendkultur enorm groß geschrieben wird. Man lässt sich nur ungern in eigene Projekte hineinreden, eine Eigenschaft, welche ebenso in der Seelenlandschaft einer Open-Source-Community zu finden ist!
Abschliessend lässt sich festhalten, dass seitens der Jugendlichen und jungen Erwachsenen die FabLab-Technologie nicht als sperrige, uncoole Maschinerie, sondern deutlich sichtbar als Tool für das Ausleben der eigenen individuellen Kreativität angenommen wurde. Vielleicht sogar ein wenig so, wie das Skateboard weniger Sportgerät, sondern vielmehr Ausdrucksmöglichkeit der eigenen Persönlichkeit ist.
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass neben den Skatern auch viele Jugendliche und junge Erwachsenen aus anderen Bereichen zu Gast waren, darunter Parcours, BMX und viele andere.
Festzuhalten bleibt, dass das Angebot zum größeren Teil männliche Teilnehmer anzog, was wir allerdings weniger auf mangelnde Technikaffiniät von potenziellen Teilnehmerinnen zurückführen, sondern auf die gewählte Umgebung, in der sich zum größeren Anteil männliche Trendsportler aufhielten. Um langfristig auch Mädchen und junge Frauen mit einbeziehen zu können, sind Folgeprojekte, beispielsweise in Tanzsportarten denkbar, in denen u.a. über Sensorik oder Wearable-Computing auf die Zielgruppe eingegangen werden kann. Eine weitere und generell sehr wertvolle Schnittmenge kann im Bereich des Modedesigns vermutet werden. Designerinnen und Designer frequentieren seit Anbeginn die internationalen FabLabs, gleichzeitig ist Mode auch für Jugendliche und junge Erwachsene ein großes Thema.
Die Annahme, dass das Umfeld der jungen Sportlerinnen und Sportler ein hochinteressanter Ort ist, um Wissen auszutauschen, wurde mehr als bestätigt. In der Vermittlung von Neugier auf Technik und Interesse an MINT-Disziplinen, in einem Ambiente, welches von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen als ihr Umfeld betrachtet wird, und in dem ihr Lebensgefühl zu Hause ist, sehen wir erhebliches Potenzial. Die Erfahrungen des Wochenendes stellen einen wertvollen Ausgangspunkt für weitere Projekte dar und machen Lust auf weitere Zusammenarbeit!
Idee, Konzept sowie Sponsoring – Karsten Joost
Technische Leitung – Simon Engelbertz
FabLab-Truck – Jaap Vermaas, Liesbeth d’Hont
Fotos / Dokumentation – Daniel Erpilev
Besonderer Dank gilt unserem Kooperationspartner Sportgarten-Bremen e.V. unter Leitung von Hans-Ulrich Barde.
Weiterer Dank gilt all unseren Sponsoren für die großzügige Unterstützung des Projekts.
DIY-Lounge engl. PDF: